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Judit

Starke Frauen sind in den Überlieferungen der Bibel sehr zahlreich vertreten. Sie sind anders stark, als es uns in Lifestyle-Zeitschriften und Frauenmagazinen suggeriert wird. Und gerade deshalb faszinieren sie uns. Wir haben den starken Frauen der Bibel eine eigene Serie gewidmet. Nach "Noomi und Ruth" folgt nun "Judit". Die Geschichte von Judit ist nicht dem Kanon der Bibel zugehörig, sondern steht im erweiterten Kreis der biblischen Überlieferungen, den Apogryphen. Dennoch wollen wir ihre Geschichte erzählen. Die Geschichte einer faszinierend schönen Frau, die, indem sie ein unerschütterliches Gottvertrauen an den Tag legt, ihr Land vor Krieg, Tod und Zerstörung rettet.

01.02.2017 von Bernd Buerschaper

Lesedauer ca. 5 Minuten


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Judit

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Als Judit von dem fünftägigen Ultimatum hörte, das die Ältesten der Stadt Gott unterbreitet hatten, war für sie endgültig der Punkt gekommen, sich der Schwierigkeiten anzunehmen in denen ihr Land steckte. Das 4000 Mann starke assyrische Heer bedrohte Israel und all die anderen Völker in der Gegend mit Vernichtung. Jeder in Israel wusste, dass es unter den gegebenen Umständen keinen Zweck hatte, es auf eine militärische Auseinandersetzung ankommen zu lassen. Natürlich war sich auch Judit dessen bewusst. Dennoch mißviel es ihr, dass man "ihren" Gott mit einem Ultimatum auf die Probe stellte.

Judit hat in ihrem noch recht jungen Leben bereits großen Schmerz ertragen müssen. Ihr geliebter Mann kam an einem der heißen Erntetage durch einen Hitzschlag zu Tode. Seitdem zog sich Judit weitgehend aus dem öffentlichen Leben zurück. Man sagte, dass sie die meiste Zeit mit ihrem Gott verbringe und im Verborgenen die Geschäfte ihres wohlhabenden Mannes fortführte. Dennoch, viele konnten Judit nicht so richtig verstehen. Sie war jung, außergewöhnlich schön, klug, gottesfürchtig und bescheiden. Jedoch bis heute, fast vier Jahre nach dem Tod ihres Mannes, hat sie keinen Mann je angesehen.

Judit bestellte die Ältesten ein, um mit ihnen wegen des Ulimatums ins Gericht zu gehen. Es sagt viel aus über die gesellschaftlichen Verhältnisse in Israel, dass die Ältesten dem Ruf der Witwe sofort folgten. In dieser Weise sprach Judit mit den Ältesten.

Wollt ihr Gott JHWH nach eurem Gefallen Zeit und Tag bestimmen, wann er helfen soll? Doch der Herr ist geduldig; darum wollen wir das bereuen und seine Gnade suchen mit Tränen. Denn Gott JHWH zürnt nicht wie ein Mensch, der sich nicht versöhnen lässt. Darum wollen wir uns von Herzen vor ihm demütigen und ihm dienen und mit Tränen zum Herrn beten, dass er nach seinem Gefallen Barmherzigkeit an uns erweisen wolle.

Buch Judit Kap. 8 Vers 11-14

Judit setzte die Ältesten von ihrem Vorhaben in Kenntnis, sich selbst in den Konflikt mit den Assyrern einzumischen, ohne jedoch konkret zu sagen, welchen Plan sie hatte. Sie sagte nur, dass sie innerhalb des an Gott gestellten Ultimatums eine Lösung herbeiführen wollte, so es Gottes Wille war.

Sofort nach dem Weggang der Ältesten begann Judit ihren Plan umzusetzen. Sie hüllte ihren Körper in einen Sack ein, streute sich Asche auf ihr Haupt und bat in einem innigen Gebet Gott JHWH um Beistand. Danach zog sie ihre schönsten Sachen an, schminkte sich, betreufelte sich mit wohlriechenden Düften, und ging, zusammen mit ihrer Magd, ins Lager der Assyrer. Die Wachen griffen die beiden Frauen auf. Judit verlangte, zum Heerführer Holofernes vorgelassen zu werden, da sie ihm eine wichtige strategische Kriegsmitteilung zu machen hätte. Auf diese Weise wurden die beiden Frauen zu Holofernes geführt.

Holofernes war regelrecht benommen, als er die schöne Judit sah. Mit schmeichelnden Worten umgarnte Judit Holofernes. Judit sagte, sie kenne einen Weg, wie Holofernes das sündige Volk Israel besiegen könne, ohne jeglichen eigenen Verlusst an Material und Leuten hinnehmen zu müssen. Holofernes schenkte der schönen Judit sein Vertrauen und hieß sie bei sich willkommen.

Inzwischen war Judit schon einige Tage im Lager der Assyrer. Am Abend des 4. Tages gab Holofernes ein großes Fest. Das tat er aus dem alleinigen Grund, um der schönen Judit endlich nahe zu kommen. Judit musste sich darauf einlassen, denn Holofernes deutete an, dass er keine Widerrede erwarte. An jenem Abend wurde viel, sehr viel getrunken; und das war ganz im Sinne Judits. Sie selbst aß und trank nur von ihren mitgebrachten koscheren Speisen. Die Rechtfertigung dafür gab sie in ihrem Glauben an. Und da Glauben, an welchen Gott auch immer, in der damaligen Zeit einen hohen Stellenwert genoss, wurde es auch anstandslos von Holofernes akzeptiert. Nun, der 5. Tag war bereits angebrochen, war Judit allein mit Holofernes geblieben. Beide hielten sich im seinem Schlafgemach auf. Aber Holofernes war zu nichts mehr fähig, er schlief seinen Vollrausch aus. Da kniete sich Judit auf den Boden, sprach ein Gebet zu Gott JHWH, um von ihm Kraft für ihr Vorhaben zu erbitten. Dann nahm Judit das Schwert des Holofernes und hieb ihm mit zwei Schlägen den Kopf ab. Sie wickelte den Kopf in ein Tuch ein, und übergab ihn der Magd. In den frühen Morgenstunden verließen beide Frauen das Lager in Richtung Heimat. Die assyrischen Wachen ließ die beiden Frauen ziehen, in der Annahme, sie verrichteten, wie jeden Morgen, ihr Morgengebet.

Noch war Judits Plan aber nicht vollendet. Jetzt musste sie noch die zweite Hälfte ihres Planes umsetzen. Zu den Ältesten sagte sie, dass alle Israeliten ein Kriegsgeschrei in Richtung des assyrischen Heeres veranstalten sollten, um so eine Art Überraschungsangriff vorzutäuschen. Das tat man umgehend. Die Assyrer, die noch müde waren von den Feierlichkeiten des Vorabends, wurden durch das Kriegsgeschrei tatsächlich überrascht. Ein Soldat lief sofort in das Schlafgemach des Holofernes, um Anweisungen von ihm einzuholen. Da sah er Holofernes in seinem eigenen Blut liegen. Von seinem Kopf fehlte jede Spur. In Sekundenschnelle verbreitete sich die Nachricht vom geköpften Holofernes unter den Soldaten. Ohne ihren Anführer, der im wahrsten Sinne des Wortes kopflos war, und mit dem Kriegsgeschrei der Israeliten im Rücken, flüchteten sie in alle Richtungen. Das jüdische Heer blieb jedoch geordnet zusammen und so gelang es den Israeliten, viele der zerstreuten Assyrer zu töten und den Rest in die Flucht zu schlagen. Auf diese Weise konnte sich Israel von der Belagerung der Assyrer befreit. Das ganze Geschehen breitete sich aus, unter allen Völkern der Gegend.

Judit war nun, mehr noch als zuvor, eine hoch geachtete Persönlichkeit in ihrem Land. Dennoch war es Judits Wille, von nun an wieder allein zu bleiben, und im Gebet ihrem Gott JHWH zu dienen und zu danken. Solange Judit lebte, blieb dem Volk Israel jede kriegerische Auseinandersetzung erspart. Judit heirate nicht wieder. Sie starb im hohen Alter von 105 Jahren.


Die Geschichte der Rettung Israels vor dem assyrischen Heer ist auf das engste mit Judit, dieser jungen Witwe, verknüpft. Judit, die sonst ein Leben abseits der Gesellschaft lebte, aber ganz hingewendet zu ihrem Gott, wird zur tragenden Person. Dabei steht ihre Geschichte in einem völlig anderen Kontext als die meisten anderen biblischen Überlieferungen. Denn Judit macht etwas, was im Kanon der Bibel einmalig sein dürfte. Sie bittet nicht Gott um Rat, was in dieser schwierigen Situation zu tun sei, vielmehr hat sie sich einen eigenen Plan zurecht gelegt, und bittet Gott "nur" um Hilfe und Beistand zum Gelingen des Vorhabens.

Judits Plan zur Rettung ihres Volkes ist riskant. Zur Umsetzung des Vorhabens gehört unerschütterliches Gottvertrauen. Das ist es, was Gott in Judit erkennt. Deshalb akzeptiert Gott ihr "eigenmächtiges" Vorgehen völlig, und steht ihr und dem Volk Israel in der bedrohlichen Lage bei. Deshalb segnet er ihr Vorhaben, so dass es gelingt.

Starke Frauen in der Bibel. Sie alle haben eines gemeinsam: Es ist ihr unerschütterlicher Glaube und ihre unvorein-genommene Hinwendung zu Gott JHWH, der sie auszeichnet. Starke Frauen in der Bibel haben so gar nichts gemein mit den starken Frauen, die uns die Medien täglich offerieren. Deren Verhalten steht meist im Gegensatz zu dem Verhalten der starken Frauen in der Bibel. Das wird auch an Judit ersichtlich. Obwohl sie mit allem gesegnet ist, was der Mensch sich wünscht, nämlich Schönheit, Reichtum, Klugheit, lebt sie ihr Leben mehr oder weniger abseits des Trubels. Nach dem Tod ihres Mannes sieht sie ihre Selbstverwirklichung in der Anbetung ihres Gottes JHWH. Judits Verhalten dient -bis heute- vielen Menschen als Trost und Vorbild.