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Noomi und Rut

Noomi und Ruth

04.06.2014 von Bernd Buerschaper

Der Kanon der biblischen Überlieferungen umfasst etwa 1400 Seiten. Davon sind gerade einmal vier Seiten auf das Buch Ruth beschränkt. Trotzdem präsentiert das Buch Ruth eine der anrührendsten Geschichten, die uns die Bibel zu berichten hat. In der novellenartigen Erzählung wird von zwei Frauen berichtet, die sich aufs tiefste miteinander verbunden fühlen. Aber vor allem ist es eine Geschichte, in der die Verbundenheit Gottes mit den Menschen, die an ihn glauben, auf besondere Weise deutlich wird.


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Noomi und Elimechel waren ein junges jüdisches Ehepaar aus Bethlehem. Sie hatten zwei Söhne, Machlon und Kiljon. Wegen einer Hungersnot war die junge Familie gezwungen, die Heimat zu verlassen. Ihre Reise führte sie zum Volk der Moabiter. Dieses Volk wurde damals von den Juden verachtet, da es aus einem schlimmen Fall von Inzucht hervorgegangen ist. Aber Noomi und ihr Mann Elimelech hatten keine Wahl. Um zu überleben mussten sie sich mit den Moabitern arrangieren. Doch der jungen Familie war kein Glück beschieden. Nach kurzer Zeit starb Noomis Mann Elimechel. Als Noomis Söhne groß waren, nahmen sie sich Moabiterinnen zur Frau; die eine Frau hieß Orpa, die andere Ruth. Eigentlich war es Juden zu jener Zeit, vor 2500 Jahren verboten, sich mit anderen Völkern zu mischen, erst recht mit den Moabitern. Aber ganz offensichtlich war Noomi von lebensnahem Pragmatismus geprägt, ohne freilich den Glauben an ihren Gott Jehova zu verleugnen. Noomi, ganz Frau, stellte die Lebenswirklichkeit ihrer Familie in einem fremden Land über das jüdische Gesetz. Wie konnte sie ihren Söhnen die Ehe mit einer Moabiterin verwehren, wo sie doch Zuflucht und Aufnahme in dem Land gefunden hat und wo es um das (Liebes) Glück ihrer Söhne ging? Religiöser Dogmatismus war Noomis Sache nicht.

Das Glück war Noomi auch weiterhin nicht zugetan. Zehn Jahre nach ihrer Flucht ins Moabiter Land starben auch ihre beiden Söhne. Noomi blieb wirklich nichts erspart. In der Fremde stand sie nun als Frau allein und mittellos da. Nur ihre beiden Schwiegertöchter waren ihr geblieben. Nach dem Verlust ihrer Liebsten sah sich die Noomi gezwungen zu handeln, denn als Witwe in einem fremden Land hatte sie nicht viel soziale Zuwendung zu erwarten. So sah Noomi keine andere Möglichkeit, als wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Das war kein spontaner Entschluss; vielmehr hatte sich Noomi, ganz in Frauenart, einen Plan zurechtgelegt, um die für alle Beteiligten verworrene und unglückliche Situation zu lösen. Zusammen mit ihren beiden Schwiegertöchtern machte sie sich zunächst auf den Weg nach Bethlehem. Unterwegs kam es dann zu einer emotionalen Auseinandersetzung zwischen den drei Frauen. Noomi forderte ihre Schwiegertöchter auf, wieder in das Haus ihrer Mütter und zu ihrem Gott zurückzukehren. Sie bedankte sich bei den beiden für die erwiesene Güte, und segnete sie. Aber Noomis Bitte wurde von beiden Frauen umgehend abgelehnt; mehr noch, sie fingen an zu weinen. Aber Noomi, die erfahrene und kluge Frau schob ein ganzes Arsenal guter und vernünftiger Gründe hienterher. Das heißt, sie lieferte nicht die Gründe, sondern stellte Fragen über Fragen:

Warum wollt ihr mit mir gehen? Ich kann nicht noch einmal Kinder haben, die ihr heiraten könnt. Und selbst wenn, würdet ihr warten wollen, bis die Söhne groß geworden sind? Wolltet ihr euch einschließen bis sie groß geworden sind? Wolltet ihr euch einschließen und keinen Mann nehmen?

Die Schwiegertöchter weinten daraufhin noch mehr. Orpa aber küsste ihre Schwiegermutter und verließ sie. Ruth jedoch blieb bei Noomi. Noomi stachelte sie weiter an: Mach es deiner Schwägerin gleich und kehre heim zu deinem Volk! Dann sagt Ruth den folgenschweren Satz:

Rede mir nicht ein, dass ich dich verlassen und von dir umkehren sollte. Wo du hin gehst, da will ich auch hin gehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will ich auch begraben werden. Der Herr tue mir dies und das, nur der Tod wird uns scheiden.

Als Noomi sah, wie fest Ruths Ansinnen war, akzeptierte sie ihre Entscheidung. Zusammen kehrten die beiden Frauen, eine Jüdin und eine Moabiterin zurück nach Bethlehem, in Noomis Heimatstadt. Damit findet der erste Teil des Buches Ruth seinen thematischen Abschluss.